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Fünf Fragen an Liliana Cappai Maurer, Kindergartenlehrerin

Herzlich empfängt mich Liliana Cappai Maurer im Kindergarten Wanne. Sie arbeitet seit 25 Jahren in Uster und Kinder stehen im Mittelpunkt ihres Tuns. Ich besuche sie, um mit ihr über Pestalozzis Prinzip «Kopf, Hand und Herz» zu reden.

Cigdem Ruf

Vor dem Gespräch führt mich Liliana Cappai Maurer durch den Kindergarten: Ein buntes Wunderland mit vielen Angeboten, wie die Holz-, Ton- und Malwerkstatt, die Bewegungslandschaft und verschiedene Nischen, verlocken zum Werken, Wirken und Verweilen. Einladend ist auch das Figuren- und Hängemattenreich. Gerne wäre ich wieder Kind. Wir setzen uns für das Gespräch auf das gemütliche Sofa. 

Das Prinzip «Kopf, Hand und Herz» von Johann Heinrich Pestalozzi ist über 200 Jahre alt. Wenden Sie es im Kindergartenalltag noch an?

Ganzheitliches Lernen ist ganz wichtig. Alles, was ein Kind erlebt, was es mit seinen Händen, ja mit seinem Körper erfährt, festigt sich irgendwann im Kopf. Entscheidend ist es, Menschen mit Emotionen über ihr Herz anzusprechen und sie so zum Handeln zu führen. Durch das sich wiederholende Handeln setzt sich das Gelernte fest. Etwas, das nur den Verstand anspricht, bleibt nicht im selben Mass hängen.

Marienkäfer Rinno Puntino Rossi begleitet die Kinder durchs Jahr. Er wurde mit Herz und Hand gefilzt.

«Der Mensch als lebendige Persönlichkeit ist mit all seinen Sinnen anzusprechen.»

Gibt es keine moderneren Modelle fürs Lehren und Lernen? 

Es gab Zeiten, da stand die Leistungsförderung im Vordergrund. Aber Fördern nur über Kopf und Verstand – das geht nicht! Der Mensch als lebendige Persönlichkeit ist mit all seinen Sinnen anzusprechen. Das war früher so und ist es noch heute. Besonders wichtig ist es, sich für die kleinen Menschen Zeit zu nehmen und ihnen durch vielfältige Anregung das Erleben zu ermöglichen. Dabei brauchen die Kleinen die nötige Zeit, um in ihr Tun eintauchen und dranbleiben zu können.

«Ich arbeite ganzheitlich, schaffe eine Lernumgebung mit vielen Angeboten, welche die Kinder nutzen können.»

Haben Sie als Lehrperson mit langer Erfahrung ein eigenes pädagogisches Vorgehen? 

Ich begleite die Kinder mit viel Liebe, Respekt und Fürsorge. Ohne Beziehung geht nichts. Wenn ein Mensch sich geliebt fühlt, kann er seine Fähigkeiten entfalten. Die Förderung im Kleinen, im Lebensalltag, mit viel Bewegung, Anregung und Geduld, ist mir ein Anliegen. Ich arbeite ganzheitlich, schaffe eine Lernumgebung mit vielen Angeboten, welche die Kinder nutzen können. Ich bin dabei die Assistentin und helfe dem Kind, selber tätig zu werden. «Hilf mir, es selbst zu tun» gilt für mein Tun. Der Wechsel von Konzentration und Bewegung ist ebenso wichtig wie das Lernen draussen. Das bringt dem Kind enorm viel: Es ist lockerer, darf laut sein und sich bewegen, es lernt die Natur kennen und schätzen. 

Beliebt Mini-Werkbank: «Die Kinder mögen es sehr, mit Holz, Ton und Farben zu arbeiten», sagt Liliana Cappai Maurer.

«Es ist mein Ziel, jedes Kind individuell zu fördern.»

Ist es wichtig, die Begabungen eines Kindes zu erkennen? 

Ja, sehr. Ich habe zum Beispiel ein Kind, das motorisch sehr begabt ist. Wenn es im Turnen sein Können vorzeigen kann und dann alle klatschen, wird sein Selbstwertgefühl gestärkt. Ein anderes Kind nennen wir Wetterprofessor. Es weiss, wie das Wetter in drei Tagen wird. Es steht am Fenster und sagt: «Frau Cappai, die Wolke kommt! Jetzt musst du warten, dann kommt die Sonne wieder hervor.» Dieses Kind hat eine gute Beobachtungsgabe und ein Rieseninteresse an meteorologischen Ereignissen. Ich lerne die Kinder in den zwei Kindergartenjahren gut kennen. Es ist mein Ziel, jedes Kind individuell zu fördern. 

Im Wunderland: Spielnische mit Charme.

Wie gehen Sie dabei vor?

Im Kindergartenalter ist alles Förderung, was wir im Alltag bewusst mit dem Kind leben. Das beginnt bei der Begrüssung eines Kindes. Ich spreche mit ihm, so findet Sprachförderung ganz selbstverständlich statt. Wir beziehen andere Kinder ein, so lernt es soziale Kontakte zu knüpfen und zu pflegen. Das Beobachten eines Kindes ist enorm wichtig. Die Art, wie ein Kind spielt, wie es spricht, wie es sich bewegt, lässt mich erkennen, was seine Stärken und Fähigkeiten sind. So kann ich die Lernumgebung anpassen und das Kind optimal begleiten und fördern, es anregen und sich dann entfalten lassen.

Mehr über Liliana Cappai Maurer

«Musik und Bewegung prägen mein Leben», sagt die Mutter von drei erwachsenen Kindern. Ihr Mann half mit, Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen. Liliana Cappai Maurer, Lili genannt, tanzt und töpfert gerne, erkundet die Welt mit dem Velo, spielt Gitarre, und schreibt Lieder und Theaterstücke, die sie mit ihren Schülerinnen und Schülern singt und aufführt.

Wäre Liliana Cappai Maurer nicht Kindergartenlehrerin geworden, hätte sie eine Clown-Ausbildung an der Accademia Teatro Dimitri gemacht. Doch sie ist mit ihrer Wahl sehr zufrieden. Denn sie liebt es, Lehrerin zu sein und ihre Talente für die kleinen Menschen einzusetzen. Und im Kindergarten kann sie immer mal wieder ihre Clown-Nase aufsetzen. 

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